Format: Hörspiel
Jahr: 2016
Spieldauer: 01:31 Std
Genre: Drama
Anzahl der Folgen: 1
Klappentext: Ein Terrorist kapert eine Passagiermaschine und zwingt die Piloten, Kurs auf ein voll besetztes Fußballstadion zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug in letzter Minute ab, alle Passagiere sterben. Der Pilot muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Theaterbesucher, sie müssen über Schuld oder Unschuld urteilen.
Meine Meinung: Ein durch und durch brisantes Theaterstück, das einen sehr fesselt und zahlreiche ethische Fragen aufwirft. Man ist immer wieder bei der Lektüre geneigt, seine Auffassungen zu revidieren. Mal steht man auf Seiten des Piloten, der den Abschuß einer Passagiermaschine vorgenommen hat; dann steht man auf der Seite, daß man ihn verurteilen mag. Wie kann man hier ausgewogen urteilen? Darf man verantworten, daß viele Zuschauer/-innen in einem Stadion sterben? Wäre der Preis weniger Fluggäste nicht passender? Neben diesen Fragen wirft das ganze Stück in spannender Weise immer wieder rechtliche, moralische und ethische Fragestellungen auf.
Am Ende werden zwei große Antworten angeboten, denn von Schirach hat sowohl ein Ende mit Freispruch, wie auch eins mit Verurteilung verfasst. Dennoch gibt es hier kein „richtig“.
Und nicht zuletzt macht die beeindruckende Rhetorik der Juristen das Stück zu einem Lehrstück der Redekunst. Es verweist damit auf eine Erkenntnis, die der Philosoph Karneades vor über 2000 Jahr zu vermitteln versuchte, und die der Vorsitzende im Stück so schildert:
Der griechische Philosoph Karneades hielt 155 Jahre vor Christus in Rom an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Vorträge. Am ersten Tag begründete er brillant eine Fülle von Rechtsthesen, am zweiten Tag verwarf er sei ebenso brillant wieder. Die Zuhörer waren empört. Dabei bewies Karneades nur, daß die Wahrheit keine Frage der Argumentation ist.
Bewertung:
Faszit: Für alle, die Verantwortung in Staat, Kirche und Gesellschaft tragen – sei es im großen oder kleinen Stil – haben mit diesem Werk eine beeindruckende Diskussion- bzw. Diskursgrundlage.